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"Die Erhöhung des Mindestlohns ist das falsche Signal"

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Oktober 2022 auf zwölf Euro. Was das für das Lebensmittelhandwerk bedeutet, sagt Horst Teuscher, Geschäftsführer der Lausitzer Bäcker-, Konditoren- und Fleischerinnung.



DHB: Herr Teuscher, der Staat hebt die Lohnuntergrenze auf über 20 Prozent an. Was bedeutet das für die regionalen Unternehmen aus dem Lebensmittelhandwerk?

Horst Teuscher: Das ist das falsche Signal. Der Staat sollte sich aus der Tarifautonomie heraus halten. Stattdessen greift er erneut massiv in den Markt ein. Die Bäcker- und Konditoren haben ein lebhaftes Tarifgeschehen. Das regeln die Partner selbst und nicht der Staat. Wenn ich der Logik folgen würde, könnte er dann auch gleich die Preise für Brot und Brötchen festlegen. Das hat nichts mehr mit freier Marktwirtschaft zu tun. Im Gegenteil: Der Mindestlohn könnte sich zu einem politischen Instrument entwickeln, der in Wahlkampfzeiten immer wieder hervorgeholt wird.

 

DHB: Die Bundesregierung argumentiert damit, dass die Menschen einen „gerechten Lohn für harte Arbeit“ bekommen sollen.

Horst Teuscher: Da stimme ich zu. Nur dann sollte der Bund den Menschen auch mehr Netto vom Brutto im Portemonnaie lassen. Die Praxis ist aber: Wer mehr verdient, steigt mitunter gleich im Steuertarif auf, sodass ihm am Ende des Tages weniger in der Tasche bleibt. Die Abgabenlast ist das wahre Problem. Und das wird sich auch mit zwölf Euro nicht ändern.

 

Horst Teuscher
HWK Cottbus



DHB: Was bedeutet die Erhöhung des Mindestlohns für die Unternehmen?

Horst Teuscher: Das bringt in den Betrieben das gesamte Lohngefüge durcheinander und sorgt für deutlich steigende Kosten. Wenn jetzt Mitarbeiter, zum Beispiel, Ungelernte auf zwölf Euro die Stunde steigen, wollen die Gesellen natürlich denselben Abstand wieder haben, d.h. auch deren Löhne müssen eigentlich angehoben werden. Die Unternehmen müssen diese Kosten an die Kunden weitergeben. Die Verbraucher müssen sich also auf steigende Preise einstellen. Ich befürchte, dass es einige kleinere Bäckereien auf dem Land nicht schaffen werden, diese Kosten eins zu eins weiterzureichen.

 

DHB: Kritisiert aus der Branche wird auch der Zeitpunkt…

Horst Teuscher: Ein Unding. Aktuell kämpfen die energieintensiven Unternehmen wie Bäckereien und Fleischereien mit exorbitant steigenden Energiepreisen. Sie bekommen von ihren Versorgern Angebote, die drei- bis viermal so hoch sind, wie bisher. Eine kurzfristige Lösung gibt es nicht, denn die Unternehmen produzieren jeden Tag ihre Waren frisch. Sie sind auf eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Wir hatten gehofft, dass sich mit Inbetriebnahme von Nord Stream 2 die Preise entspannen. Doch mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist diese Hoffnung gestorben. Ich befürchte, dass sich die Inflationsspirale weiterdrehen wird.



DHB: Eine Hoffnung war, dass ein höherer Mindestlohn dabei helfen kann, mehr Fachkräfte zu finden?

Horst Teuscher: Das glaube ich nicht. Auch mit zwölf Euro Stundenlohn können sie angesichts der rasant steigenden Preise für Energie, Sprit usw. keine großen Sprünge machen. Unsere Unternehmen zahlen für gute Leute auch schon mehr. Wichtig wäre aber, dass die Menschen wirklich mehr Netto von ihrem Lohn behalten dürfen.

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